Anfang der 1990er Jahre geriet die norwegische Black-Metal-Szene und Bård „Faust“ Eithun, durch eine Reihe schockierender Verbrechen ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Einer der folgenschwersten Vorfälle war der Mord des Musikers Bård Faust Eithun an einem homosexuellen Mann im August 1992. Dieser Vorfall – oft als Black-Metal-Skandal von 1992 bezeichnet – wurde zu einem Wendepunkt für die Szene. Im Folgenden werden die Ereignisse von 1992 sachlich aufgearbeitet und die Reaktionen von Medien, Szene und Gesellschaft sowie die langfristigen Folgen für den Black Metal analysiert.
Inhalt

Geschehnisse von 1992
Am 21. August 1992 beging Bård Guldvik Eithun, bekannt als Faust und Schlagzeuger der Black-Metal-Band Emperor, einen Mord in Lillehammer. Faust befand sich zu Besuch in seiner Heimatstadt, als er in den späten Abendstunden auf dem Heimweg von einem 37-jährigen Mann namens Magne Andreassen angesprochen wurde. Andreassen, der offen homosexuell war, soll Faust in angetrunkenem Zustand angesprochen und ein sexuelles Treffen im nahegelegenen Wald (dem Gelände des zukünftigen Olympiaparks) vorgeschlagen haben. Faust ging scheinbar auf das Angebot ein und folgte Andreassen tiefer in das Waldstück. Dort zog Faust plötzlich ein Messer und tötete den Mann mit zahlreichen Messerstichen. Nachdem er sein Opfer tödlich verletzt hatte, ließ Faust den Schwerverletzten zurück. Andreassen erlag kurz darauf seinen Verletzungen, und die Leiche wurde im Park aufgefunden.
Unmittelbar nach der Tat blieb die Identität des Täters zunächst unbekannt. Faust kehrte am nächsten Tag nach Oslo zurück, wo er im engen Kreis der Black-Metal-Szene – darunter Øystein „Euronymous“ Aarseth (Gitarrist der Band Mayhem) und Varg „Count Grishnackh“ Vikernes (Musiker von Burzum) – von der Tat erzählte. Trotz dieses Geständnisses im kleinen Kreis vermuteten die Behörden zunächst keinen Zusammenhang mit der Musikszene. Erst Monate später, im Laufe von 1993, geriet Faust ins Visier der Ermittlungen. Inzwischen hatten Mitglieder derselben Szene eine Reihe von Kirchenbrandstiftungen in Norwegen verübt, und im August 1993 kam es sogar zum Mord an Euronymous durch Vikernes. Diese Ereignisse erhöhten den Druck auf die Polizei, in der Black-Metal-Undergroundszene nach weiteren Straftaten zu suchen. Schließlich meldete sich ein Zeuge und belastete Faust schwer. Im Herbst 1993 wurde Bård „Faust“ Eithun wegen des Lillehammer-Mordes verhaftet. Faust gestand die Tat auf Anraten seines Anwalts und wurde 1994 vor Gericht gestellt. Das Gericht verurteilte ihn wegen Mordes (sowie Beteiligung an einer Kirchenschändung) zu 14 Jahren Haft.
Die Darstellung der Ereignisse von 1992 in dieser Analyse soll neutral bleiben: Fausts Tat war ein vorsätzlicher Mord, der ohne unmittelbare Notwehrsituation stattfand. Der Täter und das Opfer kannten sich vorher nicht persönlich. Die Motive blieben bis heute Gegenstand von Spekulationen, da Faust die Tötung später als impulsive Handlung ohne politisch-ideologischen Hintergrund bezeichnete. Dennoch sorgte gerade die Tatsache, dass das Opfer homosexuell war, von Anfang an für erhebliches Aufsehen. Ohne Sensationsgier festzuhalten ist: Ein damals 18-jähriger Musiker aus der extremen Metalszene tötete einen Menschen – ein Verbrechen, das so unerwartet wie schockierend war und weitreichende Konsequenzen nach sich zog.



Mediale Berichterstattung
Der Mordfall in Lillehammer blieb fast ein Jahr lang ungeklärt, doch nach Fausts Verhaftung Ende 1993 entfachte er große mediale Resonanz – sowohl in Norwegen als auch international. Die Presse nahm den Fall begierig auf, zumal er nicht isoliert stand: In Kombination mit brennenden Kirchen und weiteren Gewaltakten aus dem Umfeld der norwegischen Black-Metal-Szene bot der Mord eine schlagzeilenträchtige Geschichte. Norwegische Zeitungen und Fernsehsender berichteten ausführlich über die düstere Subkultur, die plötzlich mit realen Verbrechen in Verbindung gebracht wurde. Häufig wurden dramatische Begriffe wie „Satanisten-Mord“ oder „Teufelssekten“ bemüht, um das Geschehen einzuordnen. Die Tatsache, dass Faust Mitglied der prominenten Band Emperor war, schien den Beweis zu liefern, dass die extreme Musik direkt mit gefährlichem Verhalten verknüpft sei.
Sensationalismus prägte viele Berichte: Medien stellten Faust oft als unheimliche Gestalt dar, als einen „Schwarzmetaller“, der dunkle Mächte anrief und dessen Musik ihn zu der Bluttat getrieben habe. Dabei wurde spekuliert, ob satanistische Rituale, misanthrope Ideologien oder gezielter Hass auf Homosexuelle hinter dem Mord standen. Boulevardmedien zeichneten ein Bild einer jugendlichen Teufelssekte, die unter dem Deckmantel des Black Metal Gewalttaten verübe. Fotos von schwarz gekleideten, weiß geschminkten Musikern mit umgedrehten Kreuzen und brennenden Kirchenruinen illustrierten reißerische Artikel. Insbesondere die Kombination mit dem kurz zuvor verübten Mord von Vikernes an Euronymous (ebenfalls Teil der Szene) ließ von einem „Sündenpfuhl Black Metal“ die Rede sein, in dem Mord und Totschlag an der Tagesordnung seien.
Diese mediale Darstellung beeinflusste die Wahrnehmung der Black-Metal-Szene nachhaltig. Wo Black Metal zuvor nur Eingeweihten ein Begriff war, rückte er nun ins Rampenlicht – allerdings in äußerst negativem Licht. Viele Außenstehende, die bislang keinen Bezug zu dieser Musik hatten, setzten nun Black Metal automatisch mit Kriminalität, Satanismus und Extremismus gleich. Selbst seriöse Medien stellten sich die Frage, ob die Musik und ihre Texte junge Menschen zur Gewalt verführen. In Talkshows wurde diskutiert, was für eine „Jugendkultur“ das sei, in der Homosexuellenhass und Mord Platz haben. Die norwegischen Medien thematisierten zudem, was diesen jungen Mann (Faust war zum Tatzeitpunkt 18) dazu gebracht hatte, einen völlig Fremden zu ermorden – und ob es Anzeichen im Vorfeld gab, die man übersehen hatte. Insgesamt trug die Berichterstattung dazu bei, dass sich ein Stigma über die gesamte Black-Metal-Bewegung legte: Sie galt vielen als gefährliche, nihilistische Szene, die vor realer Gewalt nicht zurückschreckt.
Auswirkungen auf die Black-Metal-Szene
Die Enthüllung von Fausts Mord und die darauf folgende mediale Aufmerksamkeit wirkten auch innerhalb der Black-Metal-Szene wie ein Erdbeben. Die norwegische Szene der frühen 90er war klein und eng vernetzt – fast jeder kannte jeden. Plötzlich sahen sich die Musiker und Fans mit der Tatsache konfrontiert, dass einer ihrer eigenen einen kaltblütigen Mord begangen hatte. Dies löste intensive Diskussionen darüber aus, wie ernst man die extremen Botschaften und Posen des Black Metal tatsächlich nehmen solle. Bisher hatte die Szene gezielt ein Image des „Bösen“ und Rücksichtslosen gepflegt – man inszenierte sich mit Kriegsgemälden (Corpsepaint), pseudoreligiösen Namen und Gewaltfantasien, um sich von der Gesellschaft abzugrenzen. Fausts Tat stellte nun die Frage in den Raum, ob diese Radikalität nur Show war oder ob manche Mitglieder bereit waren, sie in die Tat umzusetzen.
Innerhalb der Szene gab es unterschiedliche Reaktionen. Ein Teil der sogenannten „Inner Circle“ um Euronymous hatte bereits vor dem Mord gewalttätige Aktionen wie Brandstiftungen als eine Art revoltierende Tat gegen die christliche Mehrheitsgesellschaft glorifiziert. Für extrem gesinnte Mitglieder war Fausts Mord anfangs kein Anlass zur Reue – manche sahen ihn als konsequente Zuspitzung der Black-Metal-Ideologie, die Menschenverachtung und anti-gesellschaftliche Haltung propagierte. In dunklen Untergrund-Fanzines jener Zeit wurde der Vorfall teilweise beinahe gleichgültig oder mit zynischem Beifall erwähnt, nach dem Motto: Die Szene rede nicht nur von Gewalt, sondern lebe sie auch. Diese Haltung blieb jedoch auf einen sehr kleinen Kreis beschränkt. Viele andere Szenegänger reagierten schockiert und distanzierten sich innerlich von dem Verbrechen. Für sie überschritt Faust eine Grenze, die nichts mehr mit Musik oder künstlerischer Provokation zu tun hatte. Diskussionen entbrannten darüber, ob Black Metal als Kunstform sich klar von solch realer Gewalt abgrenzen müsse, um nicht vollends zerstört oder instrumentalisiert zu werden.
Die Ideologie der Black-Metal-Szene geriet ebenso auf den Prüfstand. Black Metal positionierte sich zwar traditionell gegen etablierte Normen – er verherrlichte Satan als Symbol des Aufbegehrens gegen Christentum und Moral, propagierte Misantropie (Menschenhass) und Individualismus. Doch Mord und gezielte Gewalt gegen bestimmte Gruppen (wie Homosexuelle) gehörten bis dahin nicht explizit zum „Programm“ der Musik. Nach Fausts Tat wurde in der Szene diskutiert, ob latente Homophobie oder andere menschenfeindliche Einstellungen unter Black Metallern stärker verbreitet seien, als man wahrhaben wollte. Einige extremere Stimmen innerhalb der Szene hatten tatsächlich rassistische oder homophobe Ansichten geäußert, was nun ans Licht kam und für Spannungen sorgte. Faust selbst gab in Interviews aus dem Gefängnis widersprüchliche Signale: Einerseits leugnete er, aus Homophobie gehandelt zu haben, andererseits kursierten Zitate von ihm aus den 90ern, in denen er nationalistische oder abfällige Äußerungen tätigte. Solche Äußerungen führten sogar dazu, dass rechtsextreme Kreise in Deutschland versuchten, Faust als eine Art Symbolfigur zu vereinnahmen – was wiederum viele Black-Metal-Anhänger empörte, da sie ihre subkulturelle Identität nicht mit Neonazis oder engstirnigem Hass gleichgesetzt sehen wollten.
Die Szene rang in dieser Zeit auch mit ihrer Außendarstellung. Die norwegischen Musiker bemerkten schnell, dass jede ihrer Handlungen nun unter Beobachtung stand. Einige Bands und Künstler bemühten sich, ihre Aussagen in der Öffentlichkeit vorsichtiger zu formulieren. Beispielsweise betonten Mitglieder von Emperor und anderen Gruppen in späteren Jahren, dass ihre Musik zwar düster und provokativ sei, sie aber realer Gewalt oder politischem Extremismus nicht das Wort reden. Man wollte die Kunst von tatsächlicher Kriminalität trennen. Andere Musiker wiederum zogen sich aus Interviews und dem Kontakt mit Mainstream-Medien zurück, um Missverständnisse zu vermeiden – so verweigerten etwa Darkthrone konsequent die Teilnahme am Hype und konzentrierten sich auf ihre Musik im Untergrund, ohne Stellungnahmen zu den Vorfällen abzugeben. Insgesamt löste Fausts Mord eine Phase der Selbstreflexion in der Black-Metal-Szene aus: Die Akteure mussten definieren, wofür ihre Subkultur stehen sollte und welche Grenzen – moralisch oder gesetzlich – nicht überschritten werden dürfen, ohne die eigene Gemeinschaft zu zerstören.



Gesellschaftliche Reaktionen auf Bård „Faust“ Eithun
Außerhalb der Szene rief der Fall Faust und der gesamte Black-Metal-Skandal der frühen 90er heftige gesellschaftliche Reaktionen hervor. In Norwegen, einem Land, das bis dato nicht für extreme Kriminalität bekannt war, schockierten die Taten die Bevölkerung. Eltern, Behörden und religiöse Institutionen schauten plötzlich genau hin, womit sich die Jugend beschäftigte. In der Kirche und konservativen Kreisen lösten die Kirchenbrandstiftungen Empörung und Angst vor einer satanistischen Terrorwelle aus. Der Mord an einem homosexuellen Mann wurde von vielen als besonders abscheulich empfunden, da er den Eindruck eines Hassverbrechens erweckte. LGBT-Organisationen und Menschenrechtsgruppen verurteilten die Tat und forderten, dass derartige Gewalt gegen Minderheiten ernstgenommen und bekämpft werden müsse. Auch wenn Faust später bestritt, aus Hass gegen die sexuelle Orientierung seines Opfers gehandelt zu haben, war der gesellschaftliche Schaden bereits entstanden: In der öffentlichen Wahrnehmung stand dieser Mord sinnbildlich für die Menschenfeindlichkeit, die man der Black-Metal-Bewegung unterstellte.
Die juristischen Konsequenzen folgten prompt und deutlich. Norwegens Justiz verhängte empfindliche Strafen gegen die überführten Täter der Black-Metal-Szene. Fausts Urteil von 14 Jahren Haft für Mord spiegelte die Schwere seiner Tat wider (auch wenn er, wie in Norwegen üblich, vorzeitig entlassen wurde). Andere Beteiligte an Straftaten aus der Szene – etwa Varg Vikernes, der für Mord und mehrere Kirchenbrände die damals maximale Strafe von 21 Jahren erhielt, oder Emperor-Gitarrist Tomas „Samoth“ Haugen, der wegen Beihilfe zu Brandstiftung für einige Jahre ins Gefängnis musste – bekamen ebenfalls ihre gerichtliche Strafe. Durch diese Urteile setzte der Staat ein Zeichen, dass ideologisch verbrämte Gewalt von Subkulturen nicht geduldet wird. Die Polizei intensivierte in den Jahren danach die Überwachung ähnlicher Milieus, was dazu führte, dass die extremen Vorfälle abebbten. Es gab zudem eine öffentliche Debatte darüber, inwiefern strenge Erziehung, Wertevermittlung oder Präventionsprogramme nötig seien, um Jugendliche von solchen Abwegen fernzuhalten.
In der breiten Gesellschaft führte der Skandal auch zu einer Stigmatisierung der Metal-Szene im weiteren Sinne. Jugendliche mit langen Haaren, schwarzer Kleidung und Band-T-Shirts sahen sich plötzlich häufiger misstrauischen Blicken ausgesetzt. Manche Metal-Fans wurden pauschal als gewaltverherrlichend abgestempelt, obwohl die Mehrheit mit den extremen Taten nichts zu tun hatte. Es kam vor, dass Vermieter keine Proberäume mehr an Metalbands vergeben wollten oder dass Konzerte unter Vorwand abgesagt wurden, weil man Unruhe oder Vandalismus fürchtete. Besonders die noch junge Black-Metal-Szene außerhalb Norwegens stand unter Beobachtung: In anderen Ländern Europas, darunter Deutschland, verfolgten Behörden und Medien aufmerksam, ob sich ähnliche Tendenzen zeigten. Diese Misstrauenshaltung der Gesellschaft gegenüber allem, was mit Black Metal zu tun hatte, war eine direkte Folge der Ereignisse um 1992/93.
Gleichzeitig gab es auch differenziertere Stimmen: So meldeten sich Soziologen, Musikwissenschaftler und Szenekenner zu Wort, die versuchten, die Hintergründe dieser extremen Vorfälle zu erklären. Sie wiesen darauf hin, dass nicht die Musik als Ganzes kriminell sei, sondern dass hier eine kleine Gruppe ohnehin radikaler Individuen die Musik als Ausdrucksmittel gewählt hatte. Solche Analysen wurden jedoch im allgemeinen Aufruhr zunächst kaum gehört. In der breiten Öffentlichkeit überlagerte die Faszination am Skandalösen leider oft die nüchterne Auseinandersetzung: Die norwegische Black-Metal-Szene war zur Abschreckungsgeschichte geworden – ein Beispiel dafür, wie gefährlich jugendlicher Extremismus werden kann.

Langfristige Folgen für den Black Metal
Der Faust-Mord und die begleitenden Ereignisse der frühen 90er wirken bis heute auf die Entwicklung des Black Metal und seine Protagonisten nach. Kurzfristig brach die norwegische Ur-Szene nach 1993 faktisch auseinander – Schlüsselfiguren waren tot, inhaftiert oder zogen sich zurück. Doch aus dieser Krise heraus formte sich langfristig eine widerstandsfähigere, globalere Black-Metal-Kultur. Paradoxerweise führte die mediale Aufmerksamkeit dazu, dass Black Metal international bekannt wurde und neue Anhänger fand. Junge Musiker auf der ganzen Welt, von Europa bis Südamerika, griffen den Stil auf – allerdings meist mit der Intention, die musikalische Extremität fortzuführen, ohne die fatalen Realwelt-Exzesse zu wiederholen. Der Skandal von 1992 wurde so zu einer düsteren Legende, die fortan über der Szene schwebte, aber auch als Mahnung diente.
Für die Musikrichtung Black Metal bedeutete dieser Umbruch eine Diversifizierung. In den späten 1990ern und 2000ern entstanden verschiedene Strömungen: Einige Bands setzten weiterhin auf Provokation und blieben dem rauen, satanistischen Image treu, während andere sich in neue Richtungen entwickelten (etwa in Richtung Pagan Metal, atmosphärischen Black Metal oder avantgardistische Mischformen). Vielen war jedoch gemein, dass sie aus den Fehlern der Vergangenheit lernten und sich stärker auf die Kunst statt auf Kriminalität konzentrierten. Der norwegische Black Metal selbst kehrte Mitte der 90er mit wichtigen Alben (z.B. von Emperor, Satyricon, Dimmu Borgir) zurück – diese Musiker etablierten Black Metal als ernstzunehmendes Genre, das zwar dunkel und kontrovers blieb, aber nicht mehr durch Gewaltakte in Erscheinung treten musste. Damit trug die Szene aktiv dazu bei, das verlorene Vertrauen teilweise wiederzugewinnen.
Die Protagonisten des Skandals zogen unterschiedliche Lehren. Faust verbüßte neun Jahre seiner Haft und wurde 2003 vorzeitig entlassen. In Interviews zeigte er Reue und bezeichnete seine Tat rückblickend als sinnlos und zerstörerisch – er erkannte, dass er damals in eine Spirale aus Hass und Abstumpfung geraten war. Nach der Haftentlassung kehrte er tatsächlich zur Musik zurück, spielte wieder als Schlagzeuger in mehreren Bands (darunter sogar kurzzeitig wieder live mit Emperor), hielt sich jedoch von weiterer Kriminalität fern. Sein Fall ist heute ein Beispiel dafür, wie sich ein Mensch aus der Szene ändern kann: Faust distanzierte sich von extremen Ideologien, lehnte offene Satanismus-Konzepte später ab und versuchte ein normales Leben zu führen, ohne jedoch seine Vergangenheit zu leugnen. Andere Beteiligte gingen andere Wege: Varg Vikernes etwa zeigte kaum Reue, nutzte die Bekanntheit, um seine eigenen ideologischen (teils rechtsextremen) Überzeugungen zu verbreiten, und blieb eine kontroverse Figur in und außerhalb der Szene. Ihsahn, der Sänger von Emperor, der nie an Verbrechen beteiligt war, entwickelte sich in den Folgejahren zu einem reflektierten Künstler, der offen über die Probleme jener Zeit sprach und sich um Distanz zu den extremistischen Aspekten bemühte. Diese unterschiedlichen Werdegänge der Hauptakteure beeinflussten die Haltung nachkommender Black-Metal-Generationen: Man sah, dass Extremismus im echten Leben entweder Tragödien oder lebenslange Stigmata nach sich zieht, während künstlerischer Fokus und Mäßigung langfristig respektabler sind.
Langfristig hat der Black-Metal-Skandal von 1992 der Szene sowohl geschadet als auch, ironischerweise, in gewisser Weise genützt. Geschadet, weil das Genre seinen Unschuldverlust erlebte und noch Jahrzehnte später mit den Schatten von Mord und Gewalt konfrontiert wird – in nahezu jedem größeren Artikel oder Dokumentarfilm über Black Metal werden die Ereignisse jener Zeit erwähnt. Fans und Musiker müssen seither ständig erklären, dass Black Metal nicht zwangsläufig Kriminalität oder Hass bedeutet. Die Szene wurde vorsichtiger im Umgang mit gefährlichen Symbolen und Rhetorik, um nicht erneut solch extreme Auswüchse zu begünstigen. Gleichzeitig hat die Aufarbeitung dieser Vorfälle aber auch dazu geführt, dass Black Metal eine selbstkritische Reife erlangt hat. Die Musiker reflektieren ihre Botschaften heute bewusster, und innerhalb der Szene gibt es mehr Austausch darüber, wo Provokation endet und echter Schaden beginnt. Zudem hat die enorme mediale Aufmerksamkeit von damals das Genre weltweit bekannt gemacht. Ohne diese frühen Skandale wäre Black Metal möglicherweise ein kleinerer, isolierterer Zweig der Metal-Musik geblieben. Stattdessen entwickelte er sich – geläutert durch die Geschichte – zu einer vielfältigen globalen Kultur mit Fans und Bands auf allen Kontinenten.
Fazit: Der Mord von Faust im Jahr 1992 und der folgende Black-Metal-Skandal waren ein einschneidendes Ereignis, das weit über Norwegen hinaus Wellen schlug. Aus einer Tat von sinnloser Gewalt erwuchs eine intensive Auseinandersetzung – Medien skandalisierten, die Szene suchte nach ihrem Selbstverständnis, die Gesellschaft reagierte alarmiert. Über die Jahre hat sich gezeigt, dass der Black Metal trotz (oder gerade wegen) dieser turbulenten Phase weiterbesteht und sich entwickelt hat. Die Ereignisse von 1992 sind zu einem mahnenden Teil der Szenegeschichte geworden: Sie erinnern daran, welche Folgen es haben kann, wenn künstlerische Extreme und reale Gewalt ineinander übergehen, und wie wichtig Reflexion, Verantwortung und eine klare Grenze zwischen Fiktion und Realität in jeder Subkultur sind.
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